St. Martin – Laternenlicht, Tee und Teilen

Martinstag. Die Kinder kommen vom Martinszug, noch singend die Treppe hoch. In ihren Jacken steckt der Geruch von kalter Novemberluft und ein bisschen Rauch vom Martinsfeuer. Im Flur stellen wir die nassen Schuhe ab und hängen die Jacken auf. „Ich geh mit meiner Laterne…“ die Melodie haben wir noch im Ohr, als die Wohnungstür ins Schloss fällt. Wärme strömt uns entgegen.

…Sonne, Mond und Sterne, brenne auf mein Licht …

Ein Windlicht für St. Martin

In der Küche dampft Tee in dicken Tassen. Auf dem Tisch leuchtet das Windlicht, das wir vor ein paar Tagen gebastelt haben: vier kleine Fenster, darin wie ein Scherenschnitt Sankt Martin und der Bettler. Das orangerote Licht flackert leise. Die Gesichter der Kinder werden vom Kerzenlicht beleuchtet. Sie halten die Hände darüber, so als könne man aus Licht Wärme schöpfen.

Kinder ums Windlicht am Martinstag

Wir erzählen durcheinander: Wer hat den größten Stern gesehen? Wer konnte die 3. Strophe nicht mehr? Draußen ist der Hof dunkel und still, aber in der Wohnung klingen die Stimmen fröhlich durcheinander. Die Wangen glühen, die Augen leuchten. Es duftet nach Hefe-Weckmännern und Tee und all dem, was den November für einen Abend lang freundlich macht. Der erste Weckmann wird geteilt. „Hälfte-Hälfte“, sagt meine Tochter und schiebt das größere Stück zu ihrem Bruder.

Da klopft es. Kein schrilles Klingeln, eher ein freundliches, zögerndes Klopfen, drei Mal. Wir sehen uns an. So spät? Ich gehe zur Tür, halte noch den Löffel in der Hand. Im Flur steht unsere Nachbarin mit ihrem Jungen. Der Junge hält eine Laterne, das LED-Teelicht flackert nur noch müde, als wüsste es selbst, dass seine Zeit um ist.

„Entschuldigt die Störung“, sagt die Nachbarin, „unser Lämpchen gibt gerade den Geist auf. Er ist so traurig darüber. Hättet ihr zufällig…?“

Noch bevor ich antworten kann, ruft mein Sohn vom Tisch: „Wir haben noch Ersatzlämpchen! Ich hol dir eins!“ Er rennt los, fischt die kleinen Packungen aus der Schublade, die eigentlich für Bastelkram gedacht ist. Der Junge hebt seine Laterne ein bisschen höher. „Die ist schon beim Umzug dauernd ausgegangen“, sagt er, „genau, als sie die Geschichte erzählt haben, wie der heilige Martin seinen Mantel teilt und dem Bettler reicht.“ Ich nehme das neue LED-Licht, schalte es an und schiebe es vorsichtig an seinen Platz. Das Motiv fängt an zu leuchten, Sterne laufen wie kleine goldene Punkte an der Wand entlang.

Sankt Martin und der Bettller

„Danke“, sagt die Nachbarin, „wir wollten eigentlich direkt nach Hause. Aber…“ Sie stockt kurz und lächelt. „Darf ich euch was fragen? Wir sammeln in der Hausgemeinschaft gerade für die Kältehilfe. Es steht morgen eine Sammelbüchse unten am Briefkasten. Nur, falls ihr… ihr wisst schon.“

Hinter mir raschelt es. Die Kinder haben längst begonnen, eine weitere Weckmann-Tüte zu öffnen. „WIR können auch teilen“, sagt meine Tochter, als hätte sie schon lange darauf gewartet. Und plötzlich ist es ganz einfach: Ich hole eine Schere, schneide die Bäckereitüte sauber entzwei, lege zwei Weckmänner hinein und wickele sie in das Papier. „Für später“, sage ich, „und in die Sammelbüchse werfen wir morgen etwas ein.“ Die Nachbarin nickt freudig. „Das ist lieb. Danke. So war das heute gemeint, oder?“ Sie deutet auf das Windlicht am Tisch, den Sankt Martin im Schattenriss.

Als die Tür wieder zu ist, bleibt ein bisschen Novemberkälte im Flur zurück, aber sie fühlt sich nicht mehr unangenehm an. Drinnen sitzen die Kinder um die Laterne, als sei sie ein kleiner Herd. Wir trinken Tee. Der Zucker löst sich langsam auf, es riecht nach Hefe und Puderzucker. Die Kinder lachen. Ich denke an das Bild vom St.-Martin, an die große Geste, die in den Liedern so selbstverständlich klingt und im echten Leben oft zu kurz kommt: ein Lämpchen, ein Weckmann, ein kurzer Moment an der Tür, dessen Erleben den Keim legt für eigenes Teilen.

Fröhliche Kinder an St. Martin

„Sollen wir morgen noch was aussortieren?“ fragt mein Sohn plötzlich, halb im Spaß, halb im Ernst. „Schals oder so? Für die, die frieren.“ Wir nicken. Es gibt immer einen Schal zu viel im Schrank. Und eine Tasse Tee mehr. Und eine Handvoll Minilichter in der Bastelschublade.

Später, als die Kinder Zähne putzen, bleibt das St.-Martins-Licht noch einen Moment auf dem Tisch. Der Kerzenschein wirft das Motiv an die Wand, groß und weich. Vom Hof hört man jemand singen, kaum hörbar, als hätte jemand vergessen, den Abend ganz auszumachen. Ich puste das Licht in der Tischlaterne aus und denke: Teilen fühlt sich selten heroisch an. Eher wie ein leises „Hier, nimm“, mitten im Alltag, zwischen nassen Schuhen und Tee. Vielleicht ist genau das der Punkt.

Draußen legt sich der November wieder auf die Stadt. Drinnen ist es ruhig. Einer wird heute Nacht mit dem Weckmann und dem geschenkten Lichtchen einschlafen, und jemand anderes morgen mit einem warmen Schal. Das Martinslicht steht auf dem Fensterbrett, beleuchtet mit einer LED-Kerze. Morgen lasse ich sie wieder leuchten. Nicht lange. Nur lang genug, dass das Licht einmal rumgeht.

Abendlicht an St. Martin

DIY: St.-Martins-Windlicht basteln

Wenn Ihnen die das Windlicht mit dem St. Martin gefällt, das gibt es als Bausatz zu kaufen. Die Teile sind fertig ausgesägt und brauchen nur zusammengeklebt zu werden. Hier können Sie den
Bausatz für das Windlicht St. Martin bestellen.

Bausatz Windlicht St. Martin

Material:

  • 1 Bausatz
  • 1 weiße Grabkerze + oranges Transparentpapier
  • ersatzweise 1 Teelicht in einem farbigen Kerzenglas

Anleitung:

  • Sortieren Sie die vier Seiten so, dass sich die gleichen Motive gegenüber liegen.
  • Auf einer Seite die Verzahnung mit Alleskleber (kein Klebestift) bestreichen und die nächste Seite hineinstecken.
  • So mit allen 4 Seiten verfahren.
  • Das Windlicht hat jetzt 4 Seiten und wird danach AUF die Bodenplatte geklebt. Also unten auf den unteren Rand der Laterne Kleber auftragen und AUF den Boden stellen, so dass alles bündig abschließt.
  • Wenn Sie möchten, können Sie das Martinslicht außen schwarz anmalen.
  • Das Transparentpapier so zuschneiden, dass es mit dem oberen Rand der Grabkerze abschließt. Um die Hülle der Grabkerze kleben. Ersatzweise stellen Sie einfach ein farbiges Kerzenglas Ihrer Wahl in das Windlicht und beleuchten mit einem Teelicht oder LED-Teelicht.

Die Laterne ist für das Zimmer gedacht. Brennende Kerzen nicht unbeaufsichtigt lassen. Lassen Sie Kinder nicht mit brennenden Kerzen alleine im Zimmer.

2 Kommentare

  1. Was für eine herzerwärmende, zauberhafte Geschichte! Das erinnert mich an meine Oma, die mit mir am St.Martin’s Tag nach Erlangen gefahren ist. Dort sind wir zum Schloßplatz gelaufen, denn da gab es Martinswecken für uns Kinder. Vom St. Martin natürlich 😉 Heute reicht den meisten Kindern leider kein Hefemännchen mehr……Danke für diese Geschichte, liebe Johanna

    • Liebe Hanne, danke für deinen lieben Kommentar. So eine schöne Erinnerung an deine Oma. Ich freue mich, dass ich die wachrufen konnte. Ich erinnere mich auch noch an meine Laternengänge. Damals noch mit echter Kerze und so mancher Lampion ging in Flammen auf. Zumindest das ist heute mit den batteriebetriebenen Laternenhaltern besser geworden. Herzliche Grüße, Johanna

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert